„... nur Frauen können Briefe schreiben“
Facetten weiblicher Briefkultur nach 1750
Kraków, 3.–5. März 2017
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Tagungskonzept
In einer Reaktion auf die Worte Rahel Levins, späterer Varnhagen, schreibt David Veit am 20. November 1795: „diesen Brief […] hat nur eine vollkommene Frau schreiben können. Jeder Lumpenhund sagt: nur Weiber können Briefe schreiben; denn Briefe erfordern eine Leichtigkeit, ein ungezwungenes Uebergehen von einer Materie zur andern, und Männer bleiben immer bei der Schnur“. Veit richtet diese Sätze an eine der prominentesten Briefeschreiberinnen des späten 18. und des frühen 19. Jahrhunderts in Deutschland, die sich u.a. durch ihre intensiv geführten und zahlreichen Korrespondenzen einen festen Platz in der europäischen Kulturgeschichte und in der literaturwissenschaftlichen Forschung gesichert hat. Der größte Teil ihres Briefwechsels wird dabei in Folge der Kriegswirren neben unzähligen anderen Korrespondenzen aus diversen Nachlässen der berühmten Frauen der europäischen Kulturgeschichte in der Krakauer Jagiellonen-Bibliothek aufbewahrt.
Diesen Umstand und die Worte Veits wollen wir daher als Ansporn zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Phänomen des weiblichen Briefeschreibens nehmen. Mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der für 3.–5. März 2017 geplanten Tagung wollen wir dabei auf die damit verbundenen Fragen zu antworten suchen: Kann man von einer weiblichen Briefkultur als solcher zu sprechen? Wenn ja, was kennzeichnet sie und was sind ihre distinktiven Merkmale? Wie verlief ihre historische Entwicklung und was waren deren Bestimmungsfaktoren? Wie gestaltete sich die Ästhetik des weiblichen Briefs? Welche Rolle spielten dabei politische, gesellschaftliche und kulturelle Umwälzungen? Wer waren die Hauptakteurinnen, Hauptakteure und Korrespondenten? Welchen theoretischen Konzepten folgte die epistolare Praxis der Frauen, ob überhaupt? Wie sahen und sehen institutionelle, soziale und materielle Rahmen der weiblichen Korrespondenzen aus? …
Zur Auseinandersetzung mit diesen und weiteren Fragen laden wir Kolleginnen und Kollegen ein, die mit der Briefforschung nachweisbar beschäftigt sind und die ihre Arbeitsergebnisse in Krakau präsentieren und zur Diskussion stellen möchten. Als historisches Eckdatum setzen wir dabei 1750 an und gehen davon aus, dass im Mittelpunkt der Tagung in erster Linie Briefe von Frauen des späten 18. und des 19. Jahrhunderts stehen werden, willkommen sind aber auch Beiträge, in denen die einschlägigen Aspekte in den späteren Dezennien und Jahrhunderten erforscht und weiter verfolgt werden. Als die in Frage kommenden Themenblöcke schlagen wir u.a. vor:
- Frauenbriefe im europäischen Kulturraum,
- Konzepte, Normen und Praktiken weiblichen Briefeschreibens (Briefsteller, Ratgeber, Briefthematisierung in Briefen, historische Entwicklungslinien, Bestimmungsfaktoren, Schreibstrategien, Monologizität vs. Dialogizität, Selbstinszenierung, Brief als Schreibwerkstatt usw.),
- Briefautorinnen und ihre Korrespondenten nach 1750 (Briefnetzwerke, Tendenzen, Themen, Inhalte, Interpretationen, Herangehensweisen),
- Ästhetik des Frauenbriefs,
- Imaginierte Weiblichkeit in Briefen, fiktionale Frauenbriefe, weibliche Briefromane
- Materialität (Handschriften (vorzugsweise in den Beständen der Jagiellonen-Bibliothek Krakau), Kuverts, Layouts, Brief im digitalen Zeitalter usw.),
- Ende der weiblichen Briefkultur?
- Briefarchive, Briefnachlässe, Editionen,
- Briefrezeption und Briefforschung heute.
Die Tagung selbst wird zusätzlich von einer Ausstellung der Handschriften und Artefakte aus den Beständen der Jagiellonen-Bibliothek Krakau, die auch unser Partner bei dieser Veranstaltung sein wird, begleitet werden.
Vortragsdauer: 20 Minuten + 10 Min. Diskussion
Tagungssprache: Deutsch
Kontakt: frauenbriefe2017@gmail.com
Organisatoren
Dr. Paweł Zarychta Dr. habil. Renata Dampc-Jarosz
Institut für Germanische Philologie Institut für Germanische Philologie
Jagiellonen-Universität Krakau Schlesische Universität Katowice
Wissenschaftlicher Beirat
Prof. Dr. habil. Maria Kłańska Prof. Dr. habil. Grażyna Szewczyk
Institut für Germanische Philologie Institut für Germanische Philologie
Jagiellonen-Universität Krakau Schlesische Universität Katowice
Organisationskomitee
Dr. Agnieszka Sowa Dr. Magdalena Popławska
Dr. Michael Sobczak Institut für Germanische Philologie
Institut für Germanische Philologie Schlesische Universität Katowice
Jagiellonen-Universität Krakau